Fehlentwicklung stoppen

Wie kann es zur Fehlentwicklung kommen, dass ein 109 ha grosser Solarpark mitten in einem Biosphärenreservat entstehen soll?


Die geplante Errichtung eines 109 Hektar grossen Solarparks im Biosphärenreservat Schaalsee ist ein Beispiel für die unkoordinierte und ungesteuerte Entwicklung im Bereich der Erneuerbaren Energien.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 sieht vor, dass in Deutschland jährlich 22 Gigawatt Solarstromleistung zugebaut werden müssen. Für Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich daraus ein jährlicher Zubau von etwa 1,45 Gigawatt (1.450 MW) bis 2030, basierend auf dem Flächenanteil des Bundeslandes. Pro Hektar Freifläche können rund 1,0 MW Photovoltaik-Leistung installiert werden. In Mecklenburg-Vorpommern stehen entlang von Autobahnen, Eisenbahnen und auf ehemaligen Militär- oder Industrieflächen etwa 34.000 Hektar Agrar- und Brachflächen zur Verfügung, die für Photovoltaik-Projekte genutzt werden könnten. Mit Stand 2024 waren bereits 2.300 Hektar für Bauprojekte bis zum Jahr 2027 und weitere 3.500 Hektar für die Jahre 2028 bis 2030 vorgesehen. Zusätzlich wurden 1.600 Hektar in einem Bereich von 110 bis 200 Metern entlang dieser Infrastrukturen identifiziert, die bald für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden sollen. (Zum Vergleich: In Niedersachsen, das jährlich über 2.000 MW zubauen muss, wurde beschlossen, 70% der Kapazität auf Gebäuden zu realisieren, um den Flächenverbrauch zu reduzieren.)

Die über Zielabweichungsverfahren als Reserve geplanten 5.000 Hektar (entsprechen 5.000 MW) in der freien Landschaft reichen aus, um mögliche Ausbaulücken bis 2030 zu schliessen. Dennoch lagen Ende 2024 bereits Anträge für 11.000 Hektar vor. Dieser unregulierte Ausbau führt dazu, dass bspw. auch ökologisch sensible Gebiete wie Biosphärenreservate für Solarparks in Betracht gezogen werden. Dies steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Energiepolitik und kommt vor allem einer kleinen Gruppe von Profiteuren zugute.

Die Ziele des EEG könnten in Mecklenburg-Vorpommern bereits durch Photovoltaik-Anlagen entlang von Autobahnen, Eisenbahnen und ähnlichen Infrastrukturen erreicht werden, ohne dass zusätzliche Flächen in der freien Landschaft beansprucht werden müssen.

Die Praxis des Genehmigens von Zielabweichungsverfahren ist sofort einzustellen. Den Kommunen ist zu kommunizieren, dass das Aufstellen entsprechender B-Pläne keine Erfolgsaussichten mehr hat.


Netzausbau

Nach übereinstimmenden Aussagen aller Netzbetreiber kann der Zubau an Leistung im Bereich Windkraft und Photovoltaik ab 2027 nicht mehr von den vorhandenen Netzen aufgenommen werden. Zwischen Leistungszubau und Netzausbau gibt es sowohl eine Planungslücke als auch einen starken Zeitversatz.

Die Lage ist inzwischen so absurd, dass Netzbetreiber gezielt Einspeisepunkte vorschlagen, die praktisch nicht nutzbar sind, um den Ausbau von Photovoltaikanlagen auszubremsen – schlicht deshalb, weil die Stromnetze den zusätzlichen Solarstrom nicht mehr aufnehmen können. Gleichzeitig werden Monat für Monat neue Windkraftanlagen in Betrieb genommen, was die Situation weiter verschärft.

Vergleicht man die genehmigten Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien mit den bestehenden und geplanten Netzkapazitäten, wird deutlich, dass Mecklenburg-Vorpommern bis Ende 2028 mit einer Überproduktion von mindestens 25 bis 30 Prozent konfrontiert sein wird. Das bedeutet, dass ein erheblicher Teil des erzeugten Stroms aus Wind- und Solaranlagen gar nicht eingespeist werden kann – selbst dann nicht, wenn der Netzausbau exakt nach Plan verläuft. Ab 2029 soll im Rahmen einer neuen Regionalplanung sogar die dreifache Menge an Windstrom erzeugt werden – es bleibt jedoch völlig unklar, wohin dieser Strom geleitet werden soll.

Bei jedem Projekt für Windkraft- oder Solaranlagen wird ein öffentliches Interesse unterstellt, um die Eingriffe in Natur und Landschaft zu legitimieren. Angesichts der ungeplanten und übermäßigen Stromproduktion lässt sich dies jedoch kaum noch rechtfertigen. Es entspricht nicht dem öffentlichen Interesse, wenn wertvolle Ressourcen und Umweltgüter für Anlagen eingesetzt werden, deren Strom am Ende nicht genutzt werden kann. Die durch das EEG vorgegebene Ausbaugrenze wird in Mecklenburg-Vorpommern bereits im Jahr 2026 erreicht und auf Dauer eingehalten. Der Netzausbau orientiert sich ausschließlich an diesem bundesweit abgestimmten Ziel. Seit 2022 ist somit klar umrissen, was im Land geschehen darf – dennoch gelingt es Mecklenburg-Vorpommern seither nicht, den Ausbau sinnvoll und bedarfsgerecht zu steuern.

Die Genehmigung und bauliche Umsetzung des Zubaus von Windkraft- und PV-Leistung ist mit dem Netzausbau zu synchronisieren, da ansonsten der erzeugte Strom nicht abgeführt werden kann und die leerlaufenden Anlagen Wirtschaft und Verbraucher stark belasten.


Quelle: Flächenagentur MV. Eine 100%-ige Tochter der öffentlich-rechtlichen Stiftung Umwelt- und Naturschutz M-V. Datenstand 16.1.2025

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