Dokumentverweise:
D1: Begründung zum Vorentwurf
D2: Planzeichnung
D3: Umweltbericht zum vorhabenbezogenen BPlan Nr. 41 „Freiflächenphotovoltaik Neuenkirchen“
D4: Bestandserfassung, Artenschutzuntersuchung und FFH-Verträglichkeitsprüfung zu einem
B-Plan für eine Freiflächensolaranlage in Zarrentin-Neuenkirchen
1.1. „Bei Nichtdurchführung des Vorhabens entfällt ein potenzieller Baustein zur Erreichung der Klimaziele (…).“ (D3, S. 25)
Die geplante Errichtung des 109 Hektar großen Solarparks im Biosphärenreservat Schaalsee ist ein Beispiel für die unkoordinierte und ungesteuerte Entwicklung im Bereich der Erneuerbaren Energien.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 sieht vor, dass in Deutschland jährlich 22 Gigawatt Solarstromleistung zugebaut werden müssen. Für Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich daraus ein jährlicher Zubau von etwa 1,45 Gigawatt (1.450 MW) bis 2030, basierend auf dem Flächenanteil des Bundeslandes. Pro Hektar Freifläche können rund 1,0 MW Photovoltaik-Leistung installiert werden. In Mecklenburg-Vorpommern stehen entlang von Autobahnen, Eisenbahnen und auf ehemaligen Militär- oder Industrieflächen etwa 34.000 Hektar Agrar- und Brachflächen zur Verfügung, die für Photovoltaik-Projekte genutzt werden könnten. Mit Stand 2024 waren bereits 2.300 Hektar für Bauprojekte bis zum Jahr 2027 und weitere 3.500 Hektar für die Jahre 2028 bis 2030 vorgesehen. Zusätzlich wurden 1.600 Hektar in einem Bereich von 110 bis 200 Metern entlang dieser Infrastrukturen identifiziert, die bald für Photovoltaik-Anlagen genutzt werden sollen. (Zum Vergleich: In Niedersachsen, das jährlich über 2.000 MW zubauen muss, wurde beschlossen, 70% der Kapazität auf Gebäuden zu realisieren, um den Flächenverbrauch zu reduzieren.)
Die über Zielabweichungsverfahren als Reserve geplanten 5.000 Hektar (entsprechen 5.000 MW) in der freien Landschaft reichen aus, um mögliche Ausbaulücken bis 2030 zu schließen. Dennoch lagen Ende 2024 bereits Anträge für 11.000 Hektar vor. Dieser unregulierte Ausbau führt dazu, dass bspw. auch ökologisch sensible Gebiete wie Biosphärenreservate für Solarparks in Betracht gezogen werden. Dies steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Energiepolitik und kommt vor allem einer kleinen Gruppe von Profiteuren zugute.
Die Ziele des EEG können in Mecklenburg-Vorpommern bereits durch Photovoltaik-Anlagen entlang von Autobahnen, Eisenbahnen und ähnlichen Infrastrukturen erreicht werden, ohne dass zusätzliche Flächen in der freien Landschaft beansprucht werden müssen.
Der in der B-Planbegründung genannte Grund, warum der Eingriff stattfinden soll, nämlich Erzeugung erneuerbarer Energie zum Klimaschutz, ist angesichts des aktuellen Ausbau- und Genehmigungsstandes in M-V nicht mehr relevant, da die gesetzliche Ausbaupflicht auf baurechtlich privilegierten Flächen erfüllt wird und es über die bereits genehmigten Vorhaben hinaus keiner neuen Zielabweichungsverfahren mehr bedarf.
Halten Sie sich an die gesetzlichen Grundlagen der Raumordnung!
Eine nachhaltige, gemeinwohlorientierte Raumentwicklung ist bspw. in der Teilfortschreibung des RREP WM für das Kapitel 6.5 Energie im 3. Entwurf (RPV WM 2021) definiert: „Solarthermie- und Photovoltaikanlagen sollen vorrangig auf vorhandenen Gebäuden und baulichen Anlagen errichtet werden. Für Photovoltaikfreiflächenanlagen sollen insbesondere bereits versiegelte und vorbelastete Flächen oder geeignete Konversionsflächen genutzt werden“ (S. 2).
Derzeit befindet sich die Teilfortschreibung des RREP WM für das Kapitel 6.5 Energie zum 4. Entwurf in der öffentlichen Auslegung und Beteiligung. Dort ist in Ziel 6.5 (8) definiert, dass die Errichtung von raumbedeutsamen Freiflächensolarparks Solarparks auf räumlich nicht geeigneten Standorten auszuschließen ist. In Abbildung 20 des Entwurfs zu diesem Ziel (S. 15) werden Biosphärenreservate als Ausschlusskriterien für die Errichtung von Solarparks definiert.
1.2.: „Weiterhin wird bei Nichtdurchführung des Vorhabens ein Großteil der Flächen weiterhin als Intensivacker bewirtschaftet, Verbunden mit allen Umweltauswirkungen dieser Nutzung.“ (D3, S. 25)
Biosphärenreservate sind Modellregionen für nachhaltige Entwicklung. Nur weil die Flächeneigentümer nicht in der Lage oder willens sind, die Flächen nachhaltig zu bewirtschaften, heißt das nicht, dass es keine Alternativen gibt. Dem Bündnis naturverbundener Bürgerinnen und Bürger (parteiunabhängig) in und um Neuenkirchen (https://was-nun-neuenkirchen.de) liegt bspw. das Angebot einer Körperschaft vor, welche bereit wäre, die Flächen zu übernehmen, um sie im Sinne des im Landschaftsrahmenplan (GLRP) vorgeschlagenen Vorbehaltsgebiets für Naturschutz und Landschaftspflege (D3, S. 4) zu bewirtschaften.
„Standortalternativen sind aufgrund des engen Schutzgebietsnetzes und die Vorgaben der Raumordnung nicht gegeben. Die Fläche stellt eine ‚Insel‘ mit geringen Restriktionen zwischen verschiedenen Schutzgebieten dar.“ (D3, „Standortalternativen“, S. 25)
Das Plangebiet befindet sich in einer Landschaftsschutzlücke innerhalb der Entwicklungszone des Biosphärenreservats, unmittelbar angrenzend an Kern- und Pflegezonen. Biosphärenreservate sind Modellregionen für nachhaltige Entwicklung und als solche von besonderer Schutzwürdigkeit. Die Entwicklungszone soll zwar eine nachhaltige Nutzung ermöglichen, jedoch muss diese im Einklang mit den übergeordneten Schutz- und Entwicklungszielen des Biosphärenreservats stehen. Eine nachhaltige Entwicklung muss als Zielsetzung haben, dass eine Landschaftsschutzlücke innerhalb des Biosphärenreservats an die umliegenden Flächen des Reservats angepasst und nicht durch eine großindustrielle Nutzung mit technischen Anlagen isoliert wird.
Eine großflächige Photovoltaik-Freiflächenanlage in dieser Zone könnte die landscape connectivity (landschaftliche Vernetzung) und die ökologische Integrität zwischen den Zonen beeinträchtigen. Dies widerspricht den Zielen des § 1 Abs. 4 Nr. 1 und § 1 Abs. 5 BNatSchG, die eine Vermeidung von Zerschneidungseffekten und die Sicherung der ökologischen Kohärenz fordern. Die Entwicklungszone dient als Puffer zwischen den streng geschützten Kern- und Pflegezonen und sollte daher nicht durch großflächige Infrastrukturprojekte belastet werden, die die ökologische Funktionalität dieser Übergangsbereiche gefährden.
Im Landschaftsrahmenplan (GLRP) wird das Plangebiet als „Bereich mit besonderer Bedeutung für die Sicherung ökologischer Funktionen“ beschrieben und schlägt es als „Vorbehaltsgebiet für Naturschutz und Landschaftspflege“ vor. (vgl. auch D3, S. 4).
Es fehlt eine detaillierte Analyse der möglichen Zerschneidungseffekte und der Beeinträchtigung der ökologischen Kohärenz. Die Bedeutung der Entwicklungszone als Puffer wird nicht ausreichend gewürdigt. Die Planungsdokumente gehen nicht auf die möglichen Auswirkungen der Anlage auf die landschaftliche Vernetzung und die ökologische Integrität zwischen den Zonen ein.
„Die Wirkung auf die Rastvogelarten Bless- und Saatgans sowie den Kranich als Rastvogel ist ebenfalls sehr gering, da die Vorhabensflächen, die zudem außerhalb des Vogelschutzgebietes liegen, keine besondere Bedeutung für Rastvögel haben (...).“ (D4, S. 35)
Begründet wird diese Aussage durch die Gebietsbegehungen des Hamburger Dipl.-Biol. Karsten Lutz (durch die Projektierer beauftragt) im Beobachtungszeitraum von Herbst 2023 bis Frühjahr 2024 (D4, „Untersuchungstage“ S. 5 sowie „Rastvogelbeobachtung“ S. 12/13).
Der Beobachtungszeitraum ist aber nur ein Ausschnitt aus einem sehr dynamischen Gesamtbild. Die Planungsdokumente lassen keine Rückschlüsse auf Witterungsverhältnisse, Tageszeiten o.ä. zu oder ob vor Ort ansässige Ornithologen/Gebietsbetreuer beteiligt worden sind, um die Dynamik der Vogelzüge engmaschiger und über längere Zeiträume nachzuvollziehen. Die in den Planungsdokumenten festgehaltenen Rastvogelzahlen mögen niedrig erscheinen, aber Herr Lutz kann nur festhalten, was er nach einer langen Anfahrt aus Hamburg während seiner Begehungen beobachtet hat (Festlegung der Begehungstage nach welcher Systematik?).
Beobachtung eines Dorfbewohners, der anonym bleiben möchte: „Ich selbst habe auf der Fläche auch schon mal an die 500 Kraniche (an einem Oktobertag, also während der Hauptzugzeit) gesehen – aber wie das so ist mit freifliegenden Vögeln: Die sind mal hier und mal da… Gänse, Schwäne und Kraniche fliegen von ihren Schlafgewässern aus täglich zu oft wechselnden und u.U. weit entfernten störungsfreien Nahrungsplätzen. Man muss einfach Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Da kommt man morgens und kein Vogel ist zu sehen, weil es vielleicht kurz vorher eine Störung gegeben hat (da reicht auch schon ein niedrig überfliegender Seeadler) und alle Vögel sind drei Kilometer weiter geflogen. Dann geht man mit ‚0‘ nach Hause und nachmittags sind alle Vöglein wieder da… Oder am nächsten oder übernächsten Tag…“
Wir Dorfbewohner sind keine Biologen, aber wir sehen die Planungsfläche tagtäglich auf dem Weg zur Arbeit, zur Kita oder auf Radtouren/Spaziergängen. Wie weitere Dorfbewohner bestätigen können, rasten die Vogelzüge im Herbst in Scharen in den Stunden der Dämmerung v.a. auf den Flächen P 1.1 und P 2 (D3, S. 21).
Die Familie Wicklein lebt unmittelbar angrenzend an das Plangebiet. Daniel Wicklein dokumentierte Vogelzüge auf Video:
„Ich denke dieses Video zeigt der eindrucksvoll, was da auf den Flächen eigentlich los ist Ende Oktober am späten Nachmittag kurz vor Sonnenuntergang. Auch die ganzen anderen Bilder, die ich habe, sind entweder sehr früh morgens oder gegen den späten Nachmittag.“
Abb. 1-4: 31. Oktober 2020, 16 Uhr, Video-Standbilder (Zeitstempel 00:07, 00:49, 00:53, 00:59), Download-Link (14,4Mb)
Weitere Videos mit Zugvögeln auf der Planungsfläche:
- 10. November 2023, zwischen 8-10 Uhr, Nr. 1: Download-Link (1,81Mb)
- 10. November 2023, zwischen 8-10 Uhr, Nr. 2: Download-Link (4,65Mb)
Das Plangebiet hat das Merkmal „Rastgebiete (Land) Stufe 4“ (Nahrungs- und Ruhegebiete rastender Wat- und Wasservögel von außerordentlich hoher Bedeutung innerhalb eines Rastgebietes der Klasse A, i.d.R. direkt mit einem Schlaf- bzw. Ruheplatz verbunden).
Wie in meinen Ausführungen zur Null-Variante (Kap. 1.1.) dargelegt, besteht aus Klimaschutzperspektive keine Notwendigkeit, den sensiblen Landschaftsraum mitten im Biosphärenreservat anzutasten. Halten Sie sich an die gesetzlichen Grundlagen der Raumordnung!
Frau Dr. Lippert vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) hat auf meine Frage, in welchem Zusammenhang ein Gebiet mit obigen Merkmalen zum EU-Vogelschutzgebiet steht, geantwortet: „Es handelt sich um international bedeutende Nahrungsflächen für nordische Gänse (Bläss- und Saatgans) sowie Kraniche“ und es gilt das Verschlechterungsverbot. „Im SPA ‚Schaalsee-Landschaft‘ werden rastende Blässgänse und Kraniche als Zielarten genannt. Ihre Rastgebiete (Schlafgewässer und Nahrungsflächen) gelten als massgebliche Gebietsbestandteile, im konkreten Fall liegt als massgeblicher Gebietsbestandteil nur das Schlafgewässer innerhalb des SPA. Für massgebliche Gebietsbestandteile gilt gem. EU-Recht das Verschlechterungsverbot. Wenn (…) die ausserhalb des SPA liegenden essenziellen Nahrungsflächen dauerhaft funktional geschädigt werden und dies Auswirkungen auf die lokale Population und damit die Qualität des Schlafgewässers hat, liegt ein Verstoss gegen das Verschlechterungsverbot vor.“
Das Verschlechterungsverbot ist im EU-Recht durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und die Vogelschutzrichtlinie verankert:
- FFH-Richtlinie (92/43/EWG): Gemäß Artikel 6 Absatz 2 müssen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen treffen, um in den Natura 2000-Gebieten (einschließlich der Vogelschutzgebieten) eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate von Arten zu vermeiden. Dies gilt auch für die Funktionalität dieser Gebiete, einschließlich der Nahrungsflächen für geschützte Arten wie die nordischen Gänse und Kraniche.
- Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG): Gemäß Artikel 4 Absatz 4 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Schutzgebiete für Vogelarten so zu erhalten, dass deren ökologische Funktion nicht beeinträchtigt wird. Dies umfasst auch die Nahrungsflächen außerhalb der Schutzgebiete, wenn diese für die Erhaltung der Vogelpopulationen von entscheidender Bedeutung sind.
- Rechtliche Umsetzung in Deutschland: In Deutschland wird das Verschlechterungsverbot durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) umgesetzt. § 34 Absatz 1 BNatSchG verbietet Handlungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten führen können. Dies gilt auch für Vorhaben, die außerhalb der Schutzgebiete liegen, aber deren Funktionalität beeinträchtigen könnten.
4.1.:
„Im Zusammenhang mit dem Biotopverbund ergibt sich das Bild einer für die lokale Fauna wertvollen Fläche.“ (D3, S. 14)
„Die Flächeninanspruchnahme wirkt sich durch die Zerschneidungswirkung negativ auf den Biotopverbund aus.“ (D3, S. 23)
Der Gewässer- und Landschaftsrahmenplan (GLRP) des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG 2008) stuft das Plangebiet als „Offenlandbereich mit hoher bis sehr hoher Bedeutung für Rast- und Zugvögel außerhalb von Europäischen Schutzgebieten“ ein (D3, S. 4). Diese Einstufung beruht auf der ökologischen Funktion des Plangebietes als wichtiger Rast- und Nahrungsplatz für Zugvogelarten, die auf intakte Offenlandstrukturen angewiesen sind. Das zentrale Feuchtbiotop im Plangebiet wird im GLRP zudem als „naturschutzfachlich bedeutsames Biotop des Offenlandes“ klassifiziert, was seine herausragende Rolle für den lokalen und regionalen Artenschutz unterstreicht.
Das Plangebiet liegt in einem Kernbereich landschaftlicher Freiräume der Kategorie 4, die gemäß Gutachtlichem Landschaftsprogramm (GLP M-V 2003), Kapitel 2.6, und im Umweltbericht zum LEP M-V 2016, Kapitel 3.6.2, eine hohe Bedeutung für die landschaftliche Eigenart und die ökologische Funktionsfähigkeit haben. Die Errichtung einer großflächigen Photovoltaik-Anlage würde zu einer Zerschneidung des Landschaftsraumes führen und die Durchlässigkeit für wandernde Arten beeinträchtigen. Dies steht im Widerspruch zu den Zielen des § 1 Abs. 4 Nr. 1 und § 1 Abs. 5 BNatSchG, die Vermeidung von Zerschneidungseffekten in sensiblen Landschaftsräumen fordern.
Die Errichtung einer großflächigen Photovoltaik-Freiflächenanlage in diesem Bereich würde nicht nur die landschaftliche Integrität gefährden, sondern auch die ökologische Funktionalität des Offenlandes als Lebensraum für Rast- und Zugvögel erheblich beeinträchtigen.
4.2.:
„Plangebiet einer mittleren bis hohen Schutzwürdigkeit in Bezug auf das Landschaftsbild“ (D3, S. 16)
„Die Landschaft selbst ist von weiten, flachen Hügeln (Mühlenberg nördlich des Plangebietes, Ehrskattenbarg im Westen, Höhen ca. 55 und 57 mNN) (...) geprägt. (…) Durch die isolierte Lage des Plangebietes ergibt sich ein sehr ländliches Landschaftsbild, was die hohe Schutzwürdigkeit erklärt.“ (D3, S. 16)
Das Landschaftsrahmenplan (GLRP) schlägt das Plangebiet als „Vorbehaltsgebiet für Naturschutz und Landschaftspflege“ vor. (D3, S. 4).
Das Landschaftsbild wird durch die PV-Anlage in unverantwortlicher Weise zerstört. So führt der Drönnewitzer Weg etwa über den „Ehrskattenbarg“, die höchste Erhebung der Gegend. Von hier geht der Blick bisher weit übers freie Land. Ein wunderschöner und landestypischer Weitblick wird nicht mehr möglich sein. Auch die alten Bäume (bis 200 Jahre alt) und Knicks sind landschaftstypisch und dürfen nicht weggerissen werden. Die Feldhecken sind großenteils gut ausgeprägt, manche der dort wachsenden, prächtig entwickelten Weißdorne sind sicherlich ebenfalls weit über 100 Jahre alt und im Frühjahr ein einziges Blütenmeer.
Das Plangebiet ist keine plane Fläche, die großflächige PV-Anlage ist durch die gegebene Topografie auch mit meterhohen Erdwällen oder Sichtschutzhecken nicht zu verbergen.
Ein ausschlaggebendes Kriterium gegen eine PV-Anlage an dieser Stelle wäre immer die Zerstörung des Landschaftsbildes, erklärte Martin Kubiak (Biosphärenamt Schaalsee) auf einer Veranstaltung im Zukunftspark Nieklitz (Zukunftswerkstatt Bürger:Energie am 7.6. 2023).
Es fehlt eine detaillierte Analyse der möglichen Zerschneidungswirkung der Anlage.
„Bei einer Verwirklichung des Vorhabens kommt es demnach zum Eintreten eines Verbotes nach § 44 (1) BNatSchG (Zerstörung von Fortpflanzungsstätten von Offenlandvögeln). Damit würde zur Verwirklichung des Vorhabens voraussichtlich eine Ausnahme nach § 45 (7) BNatSchG erforderlich.
Eine Ausnahme gemäß § 45 (7) BNatSchG von den Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG wird nicht erforderlich, wenn durch Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden kann, dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten weiterhin erhalten bleibt.“ (D4, S. 29)
Die in den Planungsdokumenten vorgeschlagenen Kompensationsmaßnahmen bergen erhebliche Unsicherheiten, die nicht unterschätzt werden sollten.
Kompensationsmaßnahmen sind oft nicht in der Lage, die ökologische Qualität und Artenvielfalt der ursprünglichen Lebensräume vollständig zu ersetzen. Es dauert Jahre, bis sich neue Habitate etablieren und von den betroffenen Arten angenommen werden. Studien zeigen, dass die Erfolgsaussichten von Kompensationsmaßnahmen ungewiss sind und oft nicht die gleiche ökologische Funktion wie die ursprünglichen Lebensräume bieten können.
Sie dokumentieren in Ihren Planungsdokumenten bspw. eine Fehlannahme:
„Feldlerchen waren überraschend häufig auf den intensiv genutzten Ackerflächen vorhanden. Sie sind über die Acker- und Brachflächen ungefähr gleichmäßig verteilt (…).“ (D4, S. 10).
Wie wollen Sie gewährleisten, dass Kompensationsmaßnahmen angesichts dieser beispielhaften Fehlannahme zum Erfolg führen?
Viele Vogelarten, wie bspw. die Feldlerche, sind standorttreu und kehren oft zu ihren ursprünglichen Brutplätzen zurück. Die Schaffung neuer Lebensräume in anderen Gebieten kann daher nicht garantieren, dass diese Arten die neuen Flächen tatsächlich besiedeln werden. Dies führt zu einer langfristigen Beeinträchtigung der Populationen, da die Tiere möglicherweise trotz großzügiger Kompensationsmaßnahmen keine geeigneten Ausweichhabitate finden bzw. diese nicht annehmen.
Beobachtungen aus der aktuellen NABU-Studie „Solarparks vogelfreundlich planen und gestalten“ (https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/energie/erneuerbare-energien-energiewende/solarenergie/32920.html, aufgerufen 5.3.2025):
„Sind beispielsweise die Umgebungshabitate für Vogelarten deutlich attraktiver als die [PV-]Anlage, werden sie dort eher nicht siedeln. (…) So sind standorttreue Vogelarten an den vorherrschenden Lebensraum und das Nahrungsangebot angepasst. Sind diese Eigenschaften nicht mehr auf der Solarparkfläche zu finden, werden trotz Standorttreue viele Arten abwandern. (…)
Die Anzahl der Brutreviere [der Feldlerche] im Solarparkgebiet verringerte sich in den ersten zwei Jahren nach dem Bau der Anlage teilweise deutlich.“
Es fehlt eine detaillierte Analyse der Kompensationsmaßnahmen und deren langfristige Entwicklung.
„städtebaulichen Neuausrichtung landwirtschaftlich genutzter Flächen“ (D1, S. 7)
„Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung bleibt auch durch die Aufgabe des Planungsziels ‚Golf‘ als großflächige Nutzungseinrichtung weiterhin gewahrt.“ (D1, S. 17)
„Art der baulichen Nutzung - § 9 Abs. 1 Nr. 1BauGB i.V.m. BauNVO“ (D1, S. 21)
Wird diese Fläche nur für die Dauer der Nutzung als PV-Freiflächenanlage für zwanzig Jahre städtebaulich neu ausgerichtet oder ist die Fläche städtebaulich für immer der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen?
Was verstehen Sie unter „großflächige Nutzungseinrichtung“?
Verstehe ich richtig, dass es sich mit Bezug auf den o.g. Paragraphen bei der „städtebaulichen Neuausrichtung“ um die Umwidmung von landwirtschaftlich genutzter Fläche in ein Industriegebiet handelt?
Ich bitte um unmissverständliche Klarstellung.
Es fehlt eine langfristige Perspektive, wie die Flächen danach genutzt werden sollen, um im Einklang mit der geltenden und zukünftigen (wie durch die Teilfortschreibungen des RREP und geplant LEP voraussehbar) Raumplanung zu stehen.
7.1.: „Das Plangebiet befindet sich abseits der touristischen Infrastruktur.“ (D1, S. 9)
Das Plangebiet befindet sich mitten im touristisch erschlossenen Gebiet im Biosphärenreservat Schaalsee. Neuenkirchen unterstützt die Idee eines sanften Tourismus. Mindestens 9 Familien/Haushalte in Neuenkirchen leben ganz oder teilweise vom Tourismus. Nicht nur Menschen aus den Ballungsräumen Hamburg und Berlin suchen bei uns Erholung und Entspannung. Sie lieben das Landschaftsbild der weiten Blicke insbesondere beim Wandern und Radfahren. Viele Gäste Neuenkirchens sind Stammgäste.
Zudem liegt der alte historische Gasthof des Dorfes, 1789 erbaut, an der „Alten Dorfstrasse“ ganz in der Nähe der geplanten Anlage. (...) Von „abseits der touristischen Infrastruktur“ kann also überhaupt keine Rede sein.
Die touristischen Bedarfe und Belange derart abzutun, ist eine Verkennung und Verleugnung der Wirklichkeit. Ich fordere, diese Perspektive wahrzunehmen.
7.2.: „Nördlich und westlich des Plangebiets verlaufen überörtliche Rad- und Wanderwege, die jedoch (...) nicht beeinträchtigt werden.“ (D1, S. 9)
Neuenkirchener Gäste fragen sehr häufig nach Wanderwegen. Insbesondere sind gangbare Rundwanderwege beliebt. Die Ergebnisse der aktuellen Gästebefragung sind eindeutig: Das Wandern hat eine sehr hohe Bedeutung.
Für Gäste in Neuhof/Neuenkirchen und den Nachbardörfern gibt es genau zwei Rundwanderwege, die beide häufig begangen sind. Einer ist der sogenannte „Elfenpfad“, der u. a. Neuenkirchen und Drönnewitz verbindet – der Landweg und der Drönnewitzer Weg. Diese Strecke ist auch Teil deseinmaligen „Naturparkwegs“und des Fernwanderwegs Mecklenburg-Schwerin. Der Weg erschließt Mecklenburg-Vorpommern mit seinen „nationalen Naturlandschaften“ (Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern/Rostock). Ebendort auf der Ostseite des Drönnewitzer Weges, wo die Augen der Wanderer in die Weite schweifen und vielfach Zugvögel beobachten, soll nun der Zaun der Anlage (mit Stacheldraht) die Sicht versperren.Das ist doch eine erhebliche Beeinträchtigung.
Zudem liegt unser Urlaubs-und Wandergebiet am grünen Band und innerhalb des ehemaligen 5km-Sperrgebietes. Dieses Gebiet soll in Zukunft noch stärker geschütztund unter Naturschutz gestellt werden.
Ein „inoffizieller“ kleinerer, aber sehr schöner Rundweg führt entlang des Drönnewitzer Landweges, dann quer an einer mächtigen Feldhecke entlang und zurück über einen Feldweg einmal um das Plangebiet herum und weiter zum Neuenkirchener See. Er besticht durch die Stille und Abgeschiedenheit der Landschaft und ermöglicht sehr gute Tierbeobachtungen (u.a. Rehwild, gelegentlich Rotwild, Füchse, Hasen, Greifvögel, Singvögel, Insekten).
7.3.: „Besucher des Schaalsees oder auch des Neuenkirchener Sees verlassen Neuenkirchen in Richtung Westen und kommen mit dem Geltungsbereich nicht in Berührung. Bei Besuchern aus Neuhof ist es denkbar, dass sie auf dem Weg zu den Seen am Plangebiet vorbeikommen.“ (D1, S. 9)
Die Planer gehen fälschlicherweise davon aus, das sich im Plangebiet nur Sommergäste tummeln, die gen Westen zum Baden an den See fahren. Die Verfasser scheinen das Gebiet nicht zu kennen. Besucher suchen ganzjährig bei uns Erholung und besuchen nicht nur die Seen. Wanderer kommen überdurchschnittlich häufig in der Nebensaison (aktuelle Gästebefragung Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern/Rostock) und nutzen die ausgeschriebenen bekannten Wanderrouten. Die Ferienwohnungen werden auch im Herbst und Winter gebucht. Selbstverständlich kommen Radfahrer, Wanderer und Autofahrer mit dem genannten Gebiet in Berührung. Der weite Blick verschwindet hinter Zaun und Zwangsbegrünung.
7.4.:
„Im LEP MV (2016) wird das Plangebiet als (...) Vorbehaltsgebiet Tourismus (...) dargestellt.“ (D1, S. 8)
„Der RREP (2011) stellt die Flächen des Plangebietes als Vorbehaltsgebiet für den Tourismus (...).“ (D1, S. 11)
Die Planung verkennt den Stellenwert des Tourismus in der Planregion und den Wert für die regionale Naherholung.
Es fehlt eine nachvollziehbare Abwägung zwischen den verschiedenen Nutzungsinteressen, insbesondere im Hinblick auf den Tourismus, der durch das „Vorbehaltsgebiet Tourismus“ in der Planregion priorisiert wird.
Es fehlt eine detaillierte Darstellung, warum keine alternativen Standorte außerhalb des Plangebiets (auf Ebene Stadt oder Amt Zarrentin) geprüft wurden, die den Vorgaben der Raumordnung besser entsprechen könnten bzw. minimalere Abweichungen von der geltenden und zukünftigen (wie durch die Teilfortschreibungen des RREP und geplant LEP voraussehbar) Raumordnung sind.
Das Vorbehaltsgebiet Tourismus sollte im Plangebiet eine zentrale Rolle spielen, da es die langfristige Entwicklung des Tourismus in der Region aktiv fördert und damit einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit leistet. Insgesamt sollte die Abwägung zugunsten des Vorbehaltsgebietes Tourismus erfolgen, da dieses die regionale Wertschöpfung und die nachhaltige Nutzung der Flächen stärker berücksichtigt – gerade in Kombination mit dem Landschaftsrahmenplan (GLRP), der das Plangebiet als „Vorbehaltsgebiet für Naturschutz und Landschaftspflege“ vorschlägt. (D3, S. 4).
Eine klare Priorisierung des Tourismus wäre daher nicht nur planerisch konsequent, sondern auch im Interesse einer zukunftsorientierten Regionalentwicklung. Dies würde die verschiedenen Nutzungsinteressen Landwirtschaft, Tourismus, Naturschutz, Landschaftsschutz bestmöglich verbinden.
Vor dem Hintergrund der oben eingebrachten Einwände sprechen wir uns als Bürger Neuenkirchens gegen das geplante Vorhaben aus, zumal eine weitere Industrialisierung zukünftig nicht ausgeschlossen werden kann und keine nachhaltige Entwicklung für Neuenkirchen, die umliegenden Dörfer sowie das Biosphärenreservat Schaalsee erkennbar ist. Wir fordern Sie auf, das Planvorhaben einzustellen!
Die Frist der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung für den geplanten Solarpark im Biosphärenreservat Schaalsee bei Neuenkirchen endete am 10. März 2025.
Stellungnahme aus dem Dorf.